Nach 11 Wochen antwortet der DGB Vorsitzende Reiner Hoffmann auf Kritik an seinem Eintreten für die erneute Große Koalition. Sein Einsatz wäre und bliebe richtig. Das „Weiter so“ zeigt sich jetzt in ersten Äußerungen zur Rentenpolitik: Das Einhalten des Status Quo beim Rentenniveau bis 2025 wird als erster handfester Erfolg gefeiert.
Da scheint eine 30 Jahre andauernde Rentenkürzungspolitik vorübergehend aufgehalten worden zu sein und das ist ein Erfolg? Das ist erbärmlich. 30 Jahre Rentensenkungen werden abgesegnet. Aber der “Erfolg” wird nach Einschätzung der Deutschen Rentenversicherung bis 2024 sowieso eintreten – auch ohne Gesetzesänderung. Und selbst das ist eine Beschönigung, weil das reale Rentenniveau durch die zunehmend stärkere Besteuerung auch bei Einhaltung der fiktiven 48%- Marke (Rentenniveau vor Steuern) weiter absinken wird.
Im März und Mai hatten gewerkschaftliche Seniorenpolitiker aus dem norddeutschen Raum („Seniorenaufstand“) Hoffmann in offenen Briefen für die Unterstützung des „Weiter so“ Regierungskurses kritisiert. Die Antwort des DGB Vorsitzenden ist ebenso enttäuschend wie vorhersehbar: alles andere als eine GroKo wäre “absolut falsch gewesen”.
In einem abschliessenden Brief richten die Seniorenpolitiker von der Gewerkschaftsbasis den Blick nach vorne:
Lieber Kollege Hoffmann,
danke für Dein Antwortschreiben. Es wird Dich nicht überraschen, dass wir Deine Aussagen für unzureichend, teilweise sogar für falsch halten. Das „Weiter so“-Regieren wird uns bei der Verfolgung unserer gewerkschaftlichen Ziele weiter zurückwerfen. Schlimmer noch: die ausdrückliche Unterstützung der DGB-Gewerkschaften für die GroKo nutzt den rechten AfD-Menschenfängern.
Aber wir wollen nicht nachkarten, sondern nach vorne schauen. Das wollen wir selbstverständlich in und mit unseren Gewerkschaften und dem DGB machen.
Wir verstehen „nach vorne schauen“ bezüglich der Rentenproblematik so:
- Wir müssen unsere Renten-Konzepte neu justieren. Mit klaren Forderungen, die so einleuchtend, nachvollziehbar und glaubwürdig sind, dass unsere jungen und älteren Kolleginnen und Kollegen sich dafür mobilisieren lassen.
Für die Neujustierung haben die kommenden Gewerkschaftstage eine entscheidende Bedeutung.
- Zentrale Ziele sind für uns:
- Ein Sicherungsniveau, das den erarbeiteten Lebensstandard im Alter sichert (75% Nettoniveau).
- Sozialstaatliche Regelungen, die Altersarmut verhindern (Mindestrente über Armutsschwelle).
- Eine einheitliche Rentenversicherung, die für alle Erwerbstätigen Regeln für gleiche Beiträge und gleiche Rentenleistungen bringt (Erwerbstätigenversicherung).
- Zahlreiche Korrekturen an unsozialen und ungerechten Gesetzen der letzten 30 Jahre.
- Der Beschluss des IG Metall-Vorstands, die 2016 angefangene Rentenkampagne fortzusetzen, ist sehr wichtig. Wir halten entsprechende Beschlüsse in den anderen Gewerkschaften und vom DGB für unbedingt erforderlich.
- Wir wollen durch Aktionen auf allen gewerkschaftlichen und öffentlichen Ebenen mehr Menschen für unsere Positionen gewinnen und Druck auf Politiker ausüben.
- Wir erwarten, dass die Kollegin Annelie Buntenbach in der Rentenkommission als Stimme der Gewerkschaften klare Kante zeigt. Das heißt zuallererst: es muss deutlich gemacht werden, dass das Drei-Säulen-Modell gescheitert ist. Alle Kraft und alle Mittel müssen für die Stärkung der umlagefinanzierten, solidarischen Rentenversicherung eingesetzt werden.
In diesem Sinne werden wir weiter für unsere gewerkschaftlichen Überzeugungen von Solidarität, Vielfalt und Gerechtigkeit kämpfen.
Mit kollegialen Grüßen
Koordinierungskreis gewerkschaftlicher Seniorenpolitiker im norddeutschen Raum
(Reiner Heyse, 18.07.2018)
@Antje2: Volle Zustimmung. Nach fast 50-jähriger Beitragszahlung, genau 49 Jahre und 10 Monate muß ich demnächst mit einer Armutsrente auskommen. Brutto 1759 Euro. Was davon netto übrig bleiben wird ist mir noch nicht klar, da überall die Nettorente verschleiert wird.
Angesichts dieser Zahlen verwundert es mich nicht, daß es hierzulande überall Proteste gegen die Migrationspolitik gibt. Nein, ich bin nicht rechts, sondern sehr sozial eingestellt. Eine solche Migrationspolitik kann sich nur ein funktionierender Sozialstaat leisten. Wie soll man nach langjähriger Rentnenbeitragszahlung oder nach Jahrzehntelanger Arbeit und unverschuldeter Arbeitslosigkeit nach kürzester Zeit in Hartz4 landet und weniger Unterstützung erhält als eine zugereiste, ständig wachsende Familie mit heute 4 Kindern, die nie etwas zum Sozialwesen beigetragen hat und dies auch in Zukunft nie tun wird. Ich weiß, diese Meinung wird als nicht politisch korrekt empfunden, ist allerdings nicht weg zu diskutieren. Dies ist NICHT Schuld der Migranten, SONDERN Schuld der neoliberalen Einheitsparteien csdUspDfdPGrüne. Und auch die afDP ist wie am Namen zu erkennen nur eine braun gestrichene fdP. Wie weit sind wir in den letzten 30 Jahren ge(ver)kommen.
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Kein Rentensystem kann Armut verhindern oder den Lebensstandard sichern, wenn die Rahmenbedingungen nicht gegeben sind. Regelsatz unter dem Existenzminimum, Armutslöhne und prekäre Arbeitsverhältnisse, immer mehr zur Steuer gehörende Ausgaben in die Sozialversicherungen verlagern, Steuerfreibetrag unter der Armusgrenze (60%) und zu hohe Mieten machen jeden Reformversuch kaputt ehe er umgesetzt werden kann.
Im Antwortschreiben der Seniorenpolitiker an den DGB-Vorsitzenden Hoffmann wird erwartet, dass Annelie Buntenbach in der “Rentenkommission” als Stimme der Gewerkschaften “klare Kante” zeigt. Das wird wohl ein Wunschtraum bleiben, hat Frau Buntenbach noch nie in ihrem Leben eine versicherungspflichtige Beschäftigung gehabt, kennt also die Auswirkungen der 30jährigen Rentenkürzungspolitik nicht aus eigenen Erfahrungen. Fazit: In der “Rentenkommission” sitzen ausschließlich Mitglieder, die nicht von diesen “Segnungen” betroffen sind! Es wird uns wieder Sand in die Augen gestreut, Fehlbesetzung!
Und wie ist eigentlich die Gegenrechnung, wenn Rentner mehr Kaufkraft haben? Das geht alles umgehend wieder in Wirtschaftskreislauf.
Was machen wohl Menschen, die weder ihre Mieten noch sonst etwas bezahlen können? Also abhängig werden von staatlicher Unterstützung (die ja auch minimalst ist)
Alles kündigen, was nur irgend geht. Auch Zeitungsabonnements, Mitgliedschaften in Vereinen, Verbänden, Gewerkschaften und so weiter. Jeder Cent fehlt dann auch vor Ort und der Binnennachfrage.
Volle Zustimmung, Antje !! Zu beiden Kommentaren !!
Und wer sonst nix zu tun hat, warum liest er dann hier und schreibt noch inhaltsloses Zeug?
Vor allem hat der Kommentator offensichtlich null Ahnung, wie arbeitsintensiv es ist, diese Seite zu bestücken, Vorträge, Meetings und alles was dazu gehört, zu organisieren. Allein die Recherche nimmt eine immense Zeit ein zu allem anderen, was man auch noch im Alltagsgeschehen zu tun hat. Und gerade wenn man älter ist, kommen einige Unwägbarkeiten dazu, die niemand vorhersehen kann (Krankheit etc.) Denn wieviele Leute gibt es denn noch, die sich mit dem Thema eingehend und zeitintensiv auseinandersetzen und überhaupt noch den ganzen Irrsinn durchschauen? Ich finde, dass was die Kieler IGM-Senioren da auf die Beine stellen klasse!
Aktionen einzelner kleiner Gruppierungen oder Städte Bringt nichts. In ganz Deutschland muß um eine Besserung der Lebensbedingungen der Rentner gerungen werden!
Hallo,
lohnt es wirklich, diesen Sozizwerg an der DGB-Spitze zu kommentieren oder tut das nur, wer nix sonst zu tun hat?
Schon etwas seltsam, dieser Kommentar. Selbstverständlich müssen auch die Gewerkschaftssenioren aufzeigen, wie angepasst sich Gewerkschaftsführer hinter den Wünschen der Versicherungsindustrie einordnen.
Denn daran lässt sich gut zeigen, wie verkommen die oberen Etagen auch in den Gewerkschaften sind und wie es anders zu laufen hat und muss, bevor die Gewerkschaften völlig in die Bedeutungslosigkeit entschwunden sind, wie auch die SPD.
Im DGB Magazin Gegenbelnde sind sehr gute, treffende und richtige Forderungen in vielen Beiträgen zu lesen – nur es findet sich nichts, nichts, aber auch gar nichts davon wieder, indem was dann die DGB-Häuptlinge tun.
Die deutsche Rentenversicherung ist eine so genannte Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Mitglieder verschiedener Gewerkschaften sitzen als Vertreter der Arbeitnehmer in unterschiedlichen Gremien – aber was tun sie?
Das gilt auch für den Sozialbeirat. Auch hier muss man fragen: Was tun die Gewerkschafter dort?
Der 17. Bundestag hatte 622 Bundestagsabgeordnete, davon sind 184, also ca. 30 Prozent, Gewerkschafter. Nur: Was tun die Gewerkschafter dort?
Herr Riester war 2. Vorsitzende der IGM usw. usw.
Mit diesen Gewerkschaftsführen sind wir verraten und verkauft.
Dabei bräuchten wir dringender denn je Gewerrkschaften.
Das Schreiben an Herrn Hoffman finde ich unpassend! Denn Verräter muss man auch als solche bezeichnen ! Und Hoffman ist ein Verräter an den Pflichtversicherten. Vermutlich ist er auch ein knallharter Egoist, denn diese Frage von W.M. ist absolut berechtigt:
” Wie hoch mag das Gehalt vom “Kollegen” Hoffmann aus den Mitgliedsbeiträgen der Gewerkschafter sein und wie wird dessen Altersversorgung aussehen? ”
Zu einem machbaren Rentenkonzept verweise ich auf DRSB:
Sonderinfobrief – 17. Juli 2018 / Die vom DRSB entwickelten INNOVATIVEN DEUTSCHEN RENTEN-SYSTEME
(nachzulesen auf den Internetseiten des DRSB)
Das 3 Säulen oder jetzt 3 Schichten -Konzept ist grandios gescheitert, weil private Geldanlagen , ganz besonders Rürup-; Riester -, und BAV -Renten Mogelpackungen sind, denn :
Es ist garantiert, dass nichts garantiert ist.
Eberhard Stopp Versicherungsmakler
Hallo,
danke für diese kritische Schrift über und an den DGB-Vorsitzenden.
Was unterscheidet an Staatstreue den DGB vom FDGB?
Wie hoch mag das Gehalt vom “Kollegen” Hoffmann aus den Mitgliedsbeiträgen der Gewerkschafter sein und wie wird dessen Altersversorgung aussehen?