Kein Abbremsen der Altersarmut durch die Grundrente
Grundrenten sollen seit 2021 niedrige Renten aufstocken. Wer davon eine merkliche Bekämpfung der Altersarmut erhoffte, wurde schnell eines besseren belehrt. Die ausgezahlten Grundrenten betrugen Ende 2022 im Durchschnitt magere 89 Euro für 1,1 Millionen Rentnerinnen und Rentner. Ursprünglich sollten einmal über 3 Millionen Menschen mit höheren Aufstockungen versorgt werden. Das wurde jedoch in der Großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD wirksam verhindert.
Diese Grundrenten haben keinen Beitrag zur Verminderung von Altersarmut geleistet. Die Zahlen vom Bundesamt für Statistik (destatis) belegen: Die Altersarmut ist stattdessen weiter angestiegen.
Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung soll, wie das „Bürgergeld“, verhindern, dass Menschen unter dem absoluten Existenzminimum leben müssen. Darunter drohen Hunger und Obdachlosigkeit. Die Zahl der Grundsicherungsempfänger stieg in 20 Jahren um 176%.
Im März 2024 betrug die Zahl der Grundsicherungsempfänger im Alter 719 330 Menschen. Das war eine Zunahme von 5% innerhalb eines Jahres. Diese Anzahl ist noch weit weg von der Realität. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte 2019 in einer Untersuchung festgestellt, dass 62 % der Grundsicherungsberechtigten keinen Antrag auf diese Sozialhilfe gestellt hatten. Die Gründe dafür waren vielfältig und nachvollziehbar: Stolz, Scham, Ablehnung des geforderten Abbaus der Ersparnisse (auf 10.000 Euro) und des kleinlichen und schikanösen Kotrollregimes. Die tatsächliche Zahl der Rentnerinnen und Rentner über 65 Jahren, die ein Einkommen unter Sozialhilfeniveau erzielen, läge demnach also bei etwa 1,8 Millionen.
Die Anzahl der erwerbsgeminderten Rentnerinnen und Rentner ist wegen der Verbesserung bei den Anrechnungszeiten leicht gesunken. Ein Erfolg? Von den 1,8 Millionen Erwerbsminderungsrentnern leben amtlich bestätigt 522.080 Frauen und Männer unter der Sozialhilfegrenze. Das sind 29 % der Betroffenen. Die tatsächliche Zahl dürfte wie bei den Altersrenten deutlich höher liegen.
Was unbedingt beachtet werden muss: Die Armutsschwelle liegt deutlich höher als das absolute Minimum der Grundsicherung. Seit 1984 gilt in der Europäischen Union als armutsgefährdet, wer in einem Einzelhaushalt weniger als 60% des mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung hat. Das waren im vergangenen Jahr 1.314 Euro.
Destatis hat als durchschnittlichen Sozialhilfebedarf 938 Euro ermittelt (Regelsatz 563 Euro plus Miete und Heizungskosten). Zwischen Sozialhilfe und Armutsschwelle liegt also eine Differenz von fast 400 Euro. Dass die Sozialhilfe viel zu niedrig berechnet wird, kritisieren die Sozialverbände seit langem. Sie beanstanden, dass der zugrunde gelegte Warenkorb auf angeblich geringere Bedürfnisse von Armenhaushalten ausgelegt ist. Die tatsächlichen Bedarfe liegen etwa 250 Euro höher. Der Paritätische Gesamtverband berechnete für 2024 einen Regelbedarf von 813 Euro, zusätzlich kommen die Kosten für Unterkunft und Heizung von 435 Euro und individuelle Stromkosten. Im Ergebnis kommen die Sozialverbände damit auf einen tatsächlich abzudeckenden Regelbedarf, in Höhe der Armutsgefährdungsschwelle liegt.
Die Grundrente bringt keinen Ausweg aus der Altersarmut.
Die Grundrente kostet 1,1 Milliarden Euro. Im ersten Jahr betrugen die Verwaltungskosten 380 Millionen Euro, in den Folgejahren 200 Millionen Euro. Es werden also rund 20 % der Grundrentenkosten für Verwaltung verbraten. Die Kosten der gesamten Rentenversicherung machen gerade einmal 1,5 % der Leistungen aus. Es wird also sehr viel Geld in ein sehr komplexes Berechnungs- und Überprüfungssystem gesteckt, das minimale Verbesserungen für wenige bringt. In keinem Fall wird mit dem Aufstockungsbetrag die Armutsgefährdungsschwelle erreicht.
Im Gegenteil erzeugt das Grundrentengesetz absurde Fälle wie diesen:
Ein Rentner A. erhält eine Altersrente von 850 Euro. Für ihn wird ein Regelbedarf für die Grundsicherung von 1.008 Euro festgestellt. Er hat demnach Anspruch auf Grundsicherung. Da er mehr als 33 Jahre Beiträge geleistet hat, werden von seiner Rente durch Freibeträge nur 474,50 Euro auf die Grundsicherung angerechnet. Im Ergebnis bekommt er einen Grundrentenzuschlag (*) von 533,50 Euro. Zur Verfügung hat er am Ende einen Nettobetrag von 1.290 Euro.
Sein ebenfalls verrenteter Nachbar B. erhält eine Altersrente von 1.200 Euro. Damit liegt seine Rente über dem Regelbedarf und er hat keinen Anspruch auf Grundsicherung. Er erfüllt auch nicht die Bedingungen für einen Grundrentenzuschlag. Die Rentenversicherung zieht noch 11 % Sozialversicherungsbeiträge ab, so dass ihm am Ende 1.068 Euro verbleiben.
Obwohl Rentner B. eine um 350 Euro höhere Rente erhält als Nachbar A,. hat er 222 Euro monatliches Einkommen weniger zur Verfügung. Das ist einfach absurd.
Statt der teuren Grundsicherungs- und Grundrentenverrenkungen liegt eine einfache und wirklich armutsvermeidende Lösung auf der Hand: Die Einführung einer Mindestrente, die stets über der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Das wären aktuell 1.320 Euro netto. In Regionen mit überdurchschnittlichem Mietspiegel müssten zusätzliche Wohngeldzuschläge gezahlt werden.
(*) 19.07.24 – Korrektur und Ergänzung: Es handelt sich nicht um einen “Grundrententenzuschlag”, sondern um eine Grundsicherungsleistung. Tatsächlich erhält Rentner A. Geld aus drei Quellen: der Altersrente, dem Grundrentenzuschlag (macht zusammen die Bruttorente von 850 Euro) und der Grundsicherung. Diese drei Quellen werden nach sehr unterschiedlichen und reichlich komplizierten Regeln berechnet. Wenn A. das Ganze durchblickt, hat er vermutlich ein Mathematik-, Jura- oder Verwaltungsdiplom.
Ich klage bis vor das BVg!! so kann und darf diese scheiss Gundrentengesetz nicht weiter bestehen bleiben! Etwas ungerechteres gibt es nicht! Wir werden als Rentner von hinten bis vorne verarscht!Ich bin genau der Betro(gene)ffene wie oben beschrieben!Ganz zu schweigen von meiner Lebensleistung in Sachen Steuern und Mitarbeiterbeschäftigung!!Nun werde ich immm SGBXII mit denen gleichgesetzt die nie einen Cent in die RV eingezahlt haben! Bzw sogar die weniger eingezahlthaben haben am Ende mehr!Das nennt sich Sozialstaat!!!TOLL Danke Her Un Heil
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Wir können uns alle unsere Geschichten erzähle, die aufzeigen, wie es um uns Rentner bestellt ist. Es wird aber nichts bringen, außer der Feststellung, dass wir viele sind. Da ich das alles schon eine ganze weile beobachte, schon Petitionen auch hier unterschrieben habe, die dann feierlich überreicht wurden, usw, habe ich den Glauben an den Staat, so wie er sich mit seinen ganzen Lippenbekenntnissen über Gerechtigkeit und usw, immer wieder über die Medien verbreitet, nicht mehr. Auch glaube ich nicht mehr an ein Parteiensystem. Siehe SPD/Linke/BSW und wie sie sich sonst noch schimpfen. Ich glaube mittlerweile an den dicken Knüppel, und zwar, sobald mir irgendeine Dampfplaudertasche über den Weg läuft.
Das ist kein Aufruf zur Gewalt, lediglich Resignation.
Aber zum Dampf ablassen taugt der Seniorenaufstand. ( Aufstand ist wohl etwas sehr vollmundig )
Der ehrliche arbeitende Sozialversicherungspflichtige ist immer der Dumme. Dafür schieben sich studienabbrechende, berufslose, großmäulige Luschen im BT 10.600 Euro monatlich ein. Dafür lohnt sich doch für den Pöbel die Altersarmut.
Hallo Leute,
hm – wie´s aussieht bin ich nicht alleine auf diesem Pfad unterwegs. -> Leider immer noch als Einzelkämpfer :-(((.
>> Rentenanpassung:
auf 1.400,00 Euro -> Minimum !!!
Warum ?
Abschläge ( nach > 38 Jahren Renten Versicherungsverlauf )
wegen:
1. Arbeitslosigkeit ( Unverschuldet )
2. Krankheit – 50% GdB ( Drei Schlaganfälle / Krebs )
FAZIT: 1. und 2. sind Diskriminierung < LÖSUNGSANSATZ UND FORDERUNG: Thema – Diskriminierung:
>> Mit einiger Verspätung kommt das “Rentenpaket II”
auf den Kabinettstisch. <Alle reden vom Kastensystem in Indien!
Warum spicht keiner öffentlich davon in Deutschland
-> prangert es an ?
Beamte mit Pensionen und lächerlichen Anwartzeiten und perversen Prozenten -> OHNE EIGENBEITRÄGE!!!!!
-> vs. Angestellte mit Renten i.H.v 48% nach X-Jahrzehnten Einzahlung
Gottgewollt ???? Heilige Kuh ??????
-> Wo ist der LAUTE AUFSCHREI??
Es ist endlich Zeit für eine Zweiklassen / ZEITENWENDE
-> Renten-/Pensions -> Revolution !!!!! wo seid ihr in der Öffentlichkeit???
Wie´s aussieht, geht das Thema Berlin am Arsch vorbei.